Bersarin Quartett

Melancholie. Sehnsucht. Es fällt schwer, über diese Stimmungen oder Gemütszustände zu sprechen, ohne Stereotypen heraufzubeschwören. Das ist immer auch dann der Fall, wenn Musik ins Spiel kommt, um diese Gefühle zu zelebrieren. Hier begegnet man einem schmalen Grat: Man will den wohligen Schauer echter Ergrienheit genießen. Doch allzu oft finden wir mnur eine Dekoration, ein Surrogat – einen in der Wellness-Lounge beiläufig eingeschenkten Moll-Akkord. Schlimmstenfalls: eine plakative Melancholie, die die Schlechtigkeit der Welt beschreit. Die Grenze zum Kitsch lauert in jedem Detail. Aber zum Glück steckt in der Melancholie auch eine kaum erwartete, tiefere Ironie. Sie manövriert uns in eine Perspektive der Distanz: Wenn alles eh unzulänglich und zum Scheitern verurteilt ist, dann gilt das auch für jedes musikalische Werk. Anders gesagt: Es kann nie mehr sein als ein scheinhafter Versuch, das nebulöse Ziel der Sehnsucht zu veranschaulichen. Dies erkannt und oensiv eingesetzt, lässt Schwermut leichtfallen. Nur wenigen Künstlern gelingt diese Gratwanderung. Man darf mit Sicherheit behaupten, dass hierzu die Musik des BERSARIN QUARTETTs zählt.

Nach seinem erfolgreichen, selbstbetitelten Debüt 2008 und dem Folgewerk „II“ 2012 („Album des Monats“ in vielen Magazinen und in zahlreichen „Best of the Year“-Listen) kehrt Thomas Bücker mit seinem dritten BERSARIN QUARTETTAlbum „III“ zurück, das am 06.11.2015 auf Denovali Records erscheint. Wie seine beiden Vorgänger ist auch „III“ ein reines Paradox. Es ist die Kreation eines Perfektionisten, eines liebenswerten Kontrollfreaks. Jedes Element, ob einzelner Ton, ambiente Schichtung, Streicherarrangement, Field Recording, Bassline, eine Gesangsstimme (Clara Hill auf Track 11) oder ein Beat, wird geradezu pingelig modifiziert und dann in ausladenden, aber immer noch minimalistischen Arrangements an seinen Platz gewiesen.

Dadurch scheinen Bückers Stücke oberflächlich eine gewisse mechanische Kälte auszustrahlen. Wären da nicht eine einzigartige, behagliche Wärme und Lebhaftigkeit, die aus diesen makellosen Kompositionen aufsteigen und sie transzendieren.

Diese Transzendenz ist genau der Punkt, an dem Bücker ironischerweise die Kontrolle über seine Schöpfungen verliert. Im Vergleich zu den beiden vorangegangenen BERSARIN QUARTETT-Alben bietet „III“ einige dunklere Schattierungen mehr und schat es sogar, die Arrangements noch weiter auf absolute Essentials zu verengen, ohne die charakteristische Grandezza von Bückers Sound einzubüßen. War das Debüt des BERSARIN QUARTETTs zuvorderst eine Beschreibung der Melancholie in ihrer reinsten Form, geht „III“ möglicherweise sogar so weit, zu definieren, was Melancholie als komplexes und dadurch so ungeheuer genussvolles Phänomen wirklich ist. Oder auch nicht, denn – wie ein Track niederschmetternd postuliert: Es ist alles schon gesagt. „Humbug!“, sagt Herr Sisyphos. Der Fels will gerollt werden: Man muss sich Thomas Bücker als einen glücklichen Menschen vorstellen.

https://soundcloud.com/denovali/bersarin-quartett-perlen-honig

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