Golf
Kurz Atem holen zwischen zwei Songs, das gilt vor allem auch für das Publikum, das sich im hoffnungslos überfüllten, überhitzten Konzertsaal drängt, draußen vor der Tür stehen noch mal so viele Leute, kommen aber nicht mehr rein. Wie bereits beim letztjährigen Konzert von Golf auf der Cologne Music Week herrscht Einlass-Stopp. Déjà-vu. Golf sind vier Freunde, Wolfang, Jonathan, André, Nils, von Essen zog es sie nach Köln, ein bisschen ist mittlerweile auch Berlin im Spiel. Die Geschichte ist dabei genau wie ihre Anfang zwanzigjährigen Protagonisten noch ziemlich jung, Sommer 2014 ging alles los. Das konzeptuelle Verbergen ihrer Gesichter, das die ersten Bandfotos und Clips prägte, haben sie abgelegt, geblieben ist eine Band, deren Entwurf weit ausholt: Panorama-Pop. Song-Momente, die zwischen Michael Jackson und Caribou flimmern können – und bei manch lässigen, fast groovy Rhythmen fühlt man sich zum sonst unerreichten Debüt von Phoenix zurückversetzt. Während die Band selbst gern die J.Lo der 2000er als Inspiration anführt – vermutlich um zu schocken UND weil es wahr ist. Verdammt vieles kommt hier eben zusammen, aber dennoch war die Band schlau genug, auf ihrer Debüt-Platte nun nicht meterhoch die Referenzen zu türmen. Viel mehr bietet sie hochkonzentrierten Pop, dessen Superkraft auch das Weglassen ist. So bekommen die ausgesuchten, oft aus Alltagsgeräuschen gesampelten Sounds Platz, so erhält jedes Keyboard-Motiv seine große Bühne. Golf gießen smarte Abstraktionen in absolute Ohrwürmer.
Dass sie mittlerweile auch eine mitreißende Live-Band darstellen, davon konnte man sich die letzten anderthalb Jahre auf zahlreichen Gigs und Festivals überzeugen. 2015 trugen die vier Ungooglebaren die Information sogar bis nach Südostasien. Auf Facebook formierte sich nach der Tour durch Vietnam und die Philippinen eine enthusiastische Fan-Gruppierung. Sie trägt den bezaubernden Namen: „GOLF – Meine Deutsche Jungen“. Doch auf ein Leben unter Vorab-Lorbeeren hat die Band keine Lust, daher wurde sich zusammengenommen und mit Hilfe von Thomas Hessler (Fotos) das lang erwartete Debüt produziert. „Playa Holz“ heißt es und der Clash zwischen den beiden Worten beschreibt präzise die (vermeintlich) gegenläufigen Welten, die den Bandsound so spannend machen. Das geschmeidige Playa, also der Strand, skizziert den spanischen Einfluss (mit „Coconut“ betreibt man sogar einen spanischen Song und mit Wolfgang ist jemand am Keyboard, dessen Nachname Pérez lautet) – als Kontrast dazu sollte ein besonders deutsches, kantiges Wort gegenknallen. Es wurde sich entschieden für … Holz. Playa Holz. Alles klar.
Die erste Single-Auskopplung stellt der Song „Macaulay Culkin“ dar, das ist nicht wirklich eine Ode an Richie Rich. Viel mehr dreht sich das Stück darum, wie die Fremdbilder, die andere permanent über Dich entwerfen, tatsächlich auf einen selbst Einfluss nehmen können. Ob man möchte oder nicht. Und kann es ein prominenteres Apropos dafür geben als den tragischen Typen, der für immer „Kevin allein zu Haus“ bleiben muss? Wohl kaum. Golfs Lyrik ist knapp und klar, sie bringt ganz unaufgeregt die Lebenswelten, Widersprüche und Abgründe der eigenen Generation auf den Punkt. Mit dieser Band ist zu rechnen. Eins, zwei, drei, vier. GOLF – Deine Deutsche Jungen. – Linus Volkmann
Fotocredit: Alexander Gehring
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