SMILE

2015 kehrt die damals gerade 19-jährige Rubee True Fegan aus Albuquerque (New Mexico) den USA vorerst den Rücken. Sie hat ein Stipendium im Gepäck. Statt Prag, Paris oder London fällt ihre Entscheidung ausgerechnet auf Bonn-Alfter, eine ländliche Region im tiefen Westen der ehemaligen Hauptstadt. Eine folgenreiche Entscheidung: aus dem geplanten halben Jahr Aufenthalt werden bis dato acht.

Rubee, die als Illustratorin arbeitet, Video Performances entwickelt und zwischen den Disziplinen immer schon schreibt, ist seit Kindheitstagen Musikenthusiastin. In ihrer Geburtsstadt verbringt sie die meiste Zeit in einem D.I.Y.-Laden, The Gasworks, wo sie sich mit Punk infiziert, oft die Tür macht und Bands aus aller Welt trifft. Auch in Bonn hält sie Augen und Ohren offen. Sie lernt den Schlagzeuger Marius Szarnych kennen, der sich gut im musikalischen Untergrund auskennt. Die beiden fangen an zu spielen, Rubee zunächst am Bass. Bald rekrutieren sie den Gitarristen Lars Fritzsche, der gerade aus dem Ruhrgebiet nach Bonn gezogen ist und Musikschaffende sucht, um eine Band zu gründen. Die Bonner Konzertszene wird hellhörig und schwämmt Max Schmidt (Bass) und Sebastian Lessel (Gitarre) an, der sporadisch als Musikjournalist schreibt und zusammen mit Schmidt in Bonn Sound Studies studiert.

Die Gruppe ist komplett und bezieht ein altes haunted Bahnhofsgebäude, fängt an, Songs zu schreiben, die gut informiert sind, was die Geschichte des Post Punk angeht und überall dort Inspiration finden, wo Experiment und Eingängigkeit sich berühren: B52’s, Talking Heads, Life Without Buildings, ESG, Sonic Youth, Talk Talk. Die Liste ist offen, bleibt immer offen. So begeistert sich das Quintett auch für gegenwärtige Bands. Protomartyr, Interpol, Drahla, Fontaines D.C. (für die SMILE 2022 Support spielten) … Gorillaz!

Als die Pandemie die Kontrolle übernimmt, steckt Rubee plötzlich für ein Jahr in Albuquerque fest. Der Rest der Band trifft sich im Bahnhof in Bonn. Nicht selten ist es in diesen Tagen so, dass ein Gespräch mit Rubee vorausgeht, bevor die Instrumente eingestöpselt werden. Und auf der anderen Seite der Welt schreibt die Sängerin von SMILE dann, was ihr widerfährt, was sie beobachtet, empfindet. In diesem Modus nimmt sie bisweilen eine einsame Introspektive ein, was für jene außerordentliche Präzision und Intensität ihrer Texte sorgen mag, die eine große erzählerische Qualität aufweisen. So entsteht zwischen den Kontinennten, zwischen Albuquerque und Bonn, zwischen shoegazigen Gitarren und kunstvoller Dichtung ein gemeinsamer Hallraum, in dem zunächst – the singer is still stuck in exile – etwa die Hälfte der Songs geschrieben wird, die hier nun vorliegen.

Als Rubee wieder da ist, intensiviert sich das Songwriting. Eine erste EP wird aufgenommen. Konzerte werden gespielt. Es geht sich gut an. Sie nennen sich SMILE!

Olaf Opal wird aufmerksam auf SMILE, besucht die Gruppe bald immer häufiger. Eine Zusammenarbeit wird entschlossen, und der legendäre Kölner Produzent begeistert die fünf Freunde für seine Idee, nicht im Studio aufzunehmen, sondern an verschiedene, möglichst weitläufige Orte zu gehen, um die Intensität im Spiel einzufangen, die SMILE ausmacht. Mehrere Sessions in Köln folgen, an der KHM etwa, an der Rubee mittlerweile studiert, und mit diesen ersten Live-takes schaffen Gruppe und Produzent den Grundstock eines Albums. Lange Sessions mit Overdubs im Kölner Bear Cave Studio folgen, dann geht es in den intensiven Mixprozess. Nach und nach zieht die Band nach Köln, wo die Mitglieder auf Gleichgesinnte treffen: Infant Finches und Liza Dries, mit denen sie auch kooperieren. Geschichte wird gemacht (es geht voran)! Price of Progress, das Debut der Gruppe SMILE, nimmt Formen an …

–Hendrik Otremba

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