iedereen

„Ich geh k.o., brenne lichterloh“: Schon die erste Single „GKO“, die am 08. September
erscheint, fasst in wenigen Worten zusammen, worum es bei iedereen geht. Um das Risiko,
um die Verausgabung, um den Einsatz weit über das Maß hinaus. Es ist vor allem die
Dringlichkeit und die Energie dieser Band, die einen direkt am Kragen packt und die von
Anfang an greifbar wird.
Dabei holen iedereen sich zumindest einen Teil ihres Inspirationsstoffs im Post-Punk der
späten 70er und frühen 80er., als Bands wie Wire, Gang Of Four oder Devo zwar nicht den
Planeten, aber zumindest die Herzen der Menschen mit Ahnung, Haltung und einem Sinn
fürs leicht Abseitige eroberten. Hier wird robotisch gegroovt, neurotisch gesungen,
fatalistisch getextet – und das immer mit lockerer Faust, um den Zuhörern bei Bedarf schnell
mal eine reinzimmern zu können.
Doch auch wenn ein Teil der iedereen-Referenzen in die Vergangenheit weist, darf man sich
nicht täuschen lassen: Mit Nostalgie und dem Glauben an die Überlegenheit des Gestern hat
das hier nichts zu tun. Diese Band ist felsenfest im Hier und Heute verankert. Dafür sorgen
allein schon die Texte und die Themen, die unser Leben im Jahr 2023 umkreisen: Vom
Self-Care Sunday zur geteilten Amazon-Prime-Mitgliedschaft, vom Tempolimit zum Tinnitus,
von Niki, die die WhatsApp nicht liest, zum modernen Mann, der sich finden oder suchen
oder verlieren muss.
Allerdings sind dies nicht bloß die sterilen Bestandsaufnahmen zur Verfasstheit der
Generation der Gerade-30-Gewordenen. Der Vortrag, die Arrangements und auch die
Vielfalt der Themen ziehen hier eine zweite Ebene ein, die iedereen weit weg aus der
Tiefebene lotsen, in der die Rockmusik zur depressiven 3Sat-Doku verkommt.
iedereen wissen, wie das postmoderne Spiel mit Zitaten, Referenzen, aber auch mit den
Mittelfingern funktioniert. Jeder Mensch, der mal einen dieser Dachschaden-Liveauftritte
der Band erlebt hat, wird verstehen: Am Ende geht es der Band nicht nur um Reflexion,
sondern mindestens genauso sehr um den Augenblick, um den Moment des Schwindels, um
die Körperlichkeit, um die Feier und den Hedonismus.
Ihr habt die Realität? Wir haben den Fluchtweg! Wenn der Alltag ein Gefängnis ist,
schmuggeln iedereen mit ihrer Musik eine Feile in die Zelle, mit der man entweder die
Gitterstäbe durchsägt – oder eben direkt ein Loch in die Scheißmauer klopft. So klingt
Eskapismus im Jahr 2023.

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